KUNST-WERKE BERLIN

Der Mauerfall bedeutete einen strukturellen Einschnitt für die Westberliner Kunstszene. Die bisherigen Förderlogiken verschoben sich, Ateliermieten stiegen abrupt, während sich kulturpolitische Aufmerksamkeit und Ressourcen nach Osten verlagerten. Westberlin verlor seinen Sonderstatus – und musste sich neu erfinden.

Diese Verschiebung betraf uns unmittelbar. Wir verließen das 160 qm große Atelier des Künstlerhaus Bethanien im Kreuzberg Museum und zogen in ein baufälliges Dachatelier im gerade entstehenden Kunstort Kunst-Werke Berlin (heute KW) im Scheunenviertel. Kein Rückzug, sondern ein bewusster Wechsel in ein offenes Feld.

Das Gebäude war marode, die Situation hochgradig energetisch. Wöchentlich traf sich eine lose Gruppe freier Kurator:innen, um Programme und Allianzen auszuhandeln. In dieser Übergangssituation entwickelten wir die Idee, gemeinsam mit dem Kurator und Kunstkritiker Thomas Wulffen eine eigene Kunstzeitschrift herauszugeben.

BELOW PAPERS verstand sich als ein Medium zwischen Theorie und Praxis. Über das Jahr unserer Residency hinweg erschien die Zeitschrift viermal. Sichtbar wurde darin ein gemeinsames, internationales Netzwerk; die Beiträge wurden gezielt für BELOW PAPERS erstellt, und die Rollen zwischen Künstler, Kurator, Kritiker waren durchlässig.

Für uns war es eine produktive Zeit. Neben den fotografischen Arbeiten und den BELOW PAPERS, produzierten wir im Spitzweg-Ambiente die LANDSCHAFTEN AUS DEM ELFENBEINTURM, die GOLDEN GIRLS, weitere KUNSKONSUMENTENPROFILE und Videoaufnahmen für VIDEO-THEORIE 3 und 4.

Während unserer Residency in den Kunst-Werken Berlin konsolidierte sich der lose Verband, ursprünglich eine Gruppe von Studierenden. Einer von ihnen, Klaus Biesenbach, etablierte sich als prägende Figur und führte KW in den Status einer geförderten Institution. Aus dem improvisierten Experimentierfeld wurde nach Renovierung und Umbau – mit der Berlin Biennale und einem ambitionierten Programm – ein zentraler Ort der Berliner Kunstszene.